Grenzkontrollen gefährden Grundrechte und europäische Zusammenarbeit

Eine aktuelle wissenschaftliche Expertise stellt der deutschen Grenzpolitik ein verheerendes Zeugnis aus. Das heute vorgestellte Gutachten von Dr. Marcus Engler, Sozialwissenschaftler am DeZIM-Institut, der zu Flucht- und Migrationsbewegungen sowie zur deutschen, europäischen und globalen Flüchtlingspolitik forscht, und weiteren Expert*innen der Europa-Universität Viadrina zeigt: Die Wiedereinführung von Binnengrenzkontrollen beruht nicht auf belastbaren Daten. Es lassen sich keine klaren Effekte auf irreguläre Migration nachweisen – wohl aber erhebliche negative Folgen für Schutzsuchende, die Bevölkerung in den Grenzregionen sowie für die europäische Zusammenarbeit.

Sahra Damus, bündnisgrüne Stadtverordnete in Frankfurt (Oder) und frühere Landtagsabgeordnete, beschreibt die konkreten Auswirkungen:

„Wir hier vor Ort wissen schon seit Langem, dass die Grenzkontrollen eine Farce sind. Während die grüne Grenze und die Vielzahl der über 20 kleineren Grenzübergänge in Brandenburg nicht oder selten kontrolliert werden, produziert man ein teures Schaulaufen an lediglich drei Übergängen – an zweien in Frankfurt und einem in Forst. Das geht zu Lasten der steuerzahlenden Bevölkerung, der Polizei, die nun Flughäfen und Demos nicht mehr ausreichend sichern kann und zu Lasten der Schutzsuchenden, die kein rechtsstaatliches Verfahren mehr bekommen. Zudem beeinträchtigen die Grenzkontrollen das alltägliche Leben in unserer Doppelstadt. Vor allem unsere polnischen Nachbarn versinken ständig im Stauchaos. Deutsche und polnische Pendler*innen müssen zu Job, Uni, Schule oder Kita und leiden tagtäglich. Gleichzeitig verschlechtert sich das gesellschaftliche Klima – echte Lösungen kann es nur gemeinsam auf EU-Ebene geben.“

Ola Schäfer, Sprecherin des Kreisverbands Frankfurt (Oder), fügt hinzu:

„Die einseitige Ausweitung der Grenzkontrollen verletzt nicht nur das Vertrauen unserer polnischen Nachbar*innen, sondern gefährdet auch das Fundament grenzüberschreitender Zusammenarbeit. Gerade in einer europäisch verflochtenen Region wie Frankfurt (Oder) sind solche Maßnahmen ein Schlag ins Gesicht aller, die sich täglich für ein offenes und funktionierendes Miteinander einsetzen. Statt tatsächliche Lösungen für Fluchtursachen oder faire Verfahren zu schaffen, produziert die neue Bundesregierung ein Klima der Abschottung – zur Unzeit, denn mit Blick auf die Präsidentschaftswahl in Polen stärkt sie damit genau jene Kräfte, die auf Spaltung und Nationalismus setzen. Solche politischen Signale gefährden den gesellschaftlichen Zusammenhalt in der Grenzregion. Wir fordern daher einen klaren Kurswechsel hin zu rechtstaatlicher, menschenrechtsbasierter und europäisch abgestimmter Migrationspolitik.“

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